Der Flusshafen von Ostia
Im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms 1630 "Häfen von der Römischen Kaiserzeit bis zum Mittelalter" wurde 2012 ein Forschungsvorhaben zur Untersuchung des Flusshafens von Ostia begonnen. Ausgehend von Erkenntnissen eines früheren Projekts zur Erforschung der unausgegrabenen Bereiche Ostias sollen in zwei ausgewählten Bereichen weiterführende Untersuchungen zum antiken Flusshafen durchgeführt werden: zum einen in der westlichen Regio III, wo bereits 2000/2001 ein Hafenbecken mit flankierenden Tempel-Navalia-Komplex angeschnitten wurde, zum anderen im nördlichen Bereich der Region II, wo vielleicht noch größere Abschnitte des antiken Flussufers erhalten sein könnten. Das Forschungsprogramm sieht umfassende geoarchäologische Untersuchungen (Bohrungen, Sedimentanalysen etc.), detaillierte geophysikalische Prospektionen sowie gezielte stratigraphische Ausgrabungen vor. Ziel ist es, neue Erkenntnisse zum bislang praktisch unbekannten Flusshafen von Ostia zu gewinnen und im Austausch mit dem englischen Portus-Projekt zu einem ganzheitlichen Verständnis des komplexen kaiserzeitlichen Hafensystems im Mündungsgebiet des Tiber beizutragen.
Eines der vorläufig wichtigsten Ergebnisse ist der Nachweis eines älteren Lagunenhafens unmittelbar hinter der antiken Tibermündung in der Regio III. Dieser war vermutlich bereits wesentlich früher als das im späten 4. Jh.v.Chr. gegründete Castrum von Ostia in Benutzung. Es kann daher vermutet werden, dass sich im Umfeld des Lagunenhafens die lange gesuchte archaische Vorgängersiedlung befand. Der Lagunenhafen war vermutlich infolge eines Tsunami-Ereignisses am Beginn der Kaiserzeit aufgegeben und durch das oben erwähnte, kleinere Flusshafenbecken und den Tempel-Navalia-Komplex ersetzt worden.
Verantwortlich: Michael Heinzelmann, Corinna Rohn, Andreas Vött
Koordination: Stefanie Steidle
Kooperation:
- Geographisches Institut der Universität Mainz
- Abteilung Bauforschung am Fachbereich Architektur der Hochschule Wiesbaden
- Parco Archeologico di Ostia antica
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (SPP 1630)
Kurzinformationen:
- Kampagne 2012
- Kampagne 2013
- Kampagne 2014
- Kampagne 2015
- Kampagne 2016
Publikationen:
- A. Vött, P. Fischer, H. Hadler, St. Ludwig, M. Heinzelmann, C. Rohn, T. Wunderlich, D. Wilken, E. Erkul, W. Rabbel, Detection of two different harbour generations at ancient Ostia (Italy) by means of geophysical and stratigraphical methods, in: Th. Schmidts - M. Vucetic (Hrsg.) Häfen im 1. Millenium AD. Bauliche Konzepte, herrschaftliche und religiöse Einflusse (Mainz 2015) 23-34
- H. Hadler, A. Vött, P. Fischer, St. Ludwig, M. Heinzelmann, C. Rohn, Temple-complex post-dates tsunami deposits found in the ancient harbour basin of Ostia (Rome, Italy), Journal of Archaeological Science 61, 2015, 78-89
- T. Wunderlich, D. Wilken, E. Erkul, W. Rabbel, A. Vött, P. Fischer, H. Hadler, St. Ludwig, M. Heinzelmann, The harbour(s) of ancient Ostia. Archaeogeophysical prospection with shear wave seismics, geoelectrics, GPR and vibracorings, Archaeologia Polona 53, 2015, 539-542
- T. Wunderlich, P. Fischer, D. Wilken, H. Hadler, E. Erkul, R. Mecking, Th. Günther, M. Heinzelmann, A. Vött, W. Rabbel, Constraining electric resistivity tomography by direct push electric conductivity logs and vibracores: An exempary study of the Fiume Morto silted riverbed (Ostia Antica), Geophysics 83, 2018, B87-B103
- T. Wunderlich, D. Wilken, E. Erkul, W. Rabbel, A. Vött, P. Fischer, H. Hadler, St. Ludwig, M. Heinzelmann, The river harbour of Ostia Antica - stratigraphy, extent and harbour infrastructure from combined geophysical measuremets and drillings, Quaternary International 473, 2018, 55-65
- H. Hadler, P. Fischer, M. Heinzelmann, W. Rabbel, C. Rohn, E. Erkul, D. Wilken, T. Wunderlich, A. Vött, Geoarchäologische Untersuchungen zum Flusshafen von Ostia, in: S. Kalmring, L. Werther (Hrsg.), Häfen im 1. Millenium AD. Standortbedingungen, Entwicklungsmodelle und ökonomische Vernetzung (Mainz 2017) 9-16
- H. Hadler, P. Fischer, L. Obrocki, M. Heinzelmann, A. Vött, River channel evolution and tsunami impacts recorded in local sedimentary archives - the 'Fiume Morto' at Ostia Antica (Tiber River, Italy), Sedimentology 67(3), 2019, 1309-1343
- A. Vött, T. Willershäuser, H. Hadler, L. Obrocki, P. Fischer, M. Heinzelmann, Geoarcheological evidence of Ostia's river harbour operating until the fourth century AD, Archaeological and Anthropological Sciences 88, 2020, 1-26